Lieferkettenunterbrechungen nehmen weiter zu

Lieferkettenunterbrechungen nehmen weiter zu

Seit Beginn der Corona-Pandemie wird die Weltwirtschaft durch Störungen der globalen Lieferketten beeinträchtigt.

Diese Unterbrechungen lassen sich sowohl durch Angebots- als auch durch Nachfragefaktoren erklären:

  • Angebot: Gesundheitsbeschränkungen und Werksschließungen, insbesondere in China, wo die Gesundheitsmaßnahmen strenger sind, haben den Arbeitskräftemangel verschärft und die Produktionsraten erheblich reduziert.
  • Nachfrage: Erhebliche fiskalische Anreize seitens der Regierungen haben dazu beigetragen, dass viele Haushalte ihre Kaufkraft behalten oder sogar steigern konnten. Dabei kaufen sie deutlich mehr online ein. Infolgedessen blieb die weltweite Nachfrage nach Konsumgütern recht stark - vor allem in Zeiten, in denen Gesundheitsmaßnahmen die Ausgaben für Dienstleistungen wie Reisen und Restaurantbesuche einschränkten.

Die kombinierten Auswirkungen von begrenztem Angebot und starker Nachfrage haben zu Engpässen bei Konsumgütern und Vorprodukten wie Halbleitern geführt.

Auch der Transport- und Lagersektor stand unter starkem Druck, wobei die Überlastung der Häfen und der Personalmangel zu längeren Lieferzeiten beitrugen.

All dies hat zu einem starken Inflationsdruck geführt.

Die russische Invasion verkompliziert die Lage

Der russische Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022 hat in erster Linie schwere humanitäre Auswirkungen. Aber auch die daraus resultierenden Handelssanktionen und die Unterbrechung der russisch-ukrainischen Wirtschaftsaktivitäten erhöhen den Druck auf die Lieferketten.

Dies gilt insbesondere für die Versorgung mit Agrarrohstoffen wie Weizen, Sonnenblumen und Mais, bei denen die Ukraine ein wichtiger Produzent ist. Dies gilt auch für Energieprodukte wie Öl und Gas sowie Düngemittel, die aus Russland stammen.

Wenn der Konflikt anhält und weiterhin neue Corona-Ausbrüche auftreten, werden die negativen Auswirkungen auf die Lieferketten anhalten und es ist mit weiter inflationärem Druck zu rechnen.

Immer mehr deutsche Unternehmen sind von Unterbrechungen der Lieferkette betroffen

Vor diesem Hintergrund haben wir deutsche Unternehmer zum Thema Lieferketten befragt.

Eine erste Umfrage im Oktober 2021 ergab, dass 75 % der KMU bereits mit Lieferkettenproblemen konfrontiert waren. Seitdem hat sich die Situation verschlechtert: 85 % der Unternehmen berichten nun von Problemen in der Lieferkette.

Ein weiteres Anzeichen dafür, dass Lieferkettenprobleme in Deutschland verwurzelt sind, zeigt, dass die von uns befragten Unternehmer eine leichte Verlängerung der Lieferzeiten im Vergleich zum letzten Quartal 2021 meldeten (63 % der Befragten im Vergleich zu 60 % in der vorherigen Umfrage).

Händler, Hersteller und Bauunternehmen sind besonders anfällig für Unterbrechungen der Lieferkette. In geringerem Ausmaß sind auch Dienstleistungsunternehmen betroffen.

Mittelgroße und große KMU sind ebenfalls stärker betroffen, da sie eher ausländische Lieferanten und Kunden haben.

Unternehmer berichten über gestiegene Kosten

Eine wachsende Zahl von Unternehmen muss auch mehr für ihre Betriebsmittel und für den Transport bezahlen.

Die steigenden Ölpreise und die steigenden Preise für bestimmte Metalle und Agrarrohstoffe, die durch die Invasion in der Ukraine noch verschärft wurden, sind für einen Großteil dieser Kostensteigerung verantwortlich.

So überstieg der Ölpreis Ende Februar die Marke von 100 US-Dollar pro Barrel, was sich auf die Transportkosten und die Produktionskosten für eine breite Palette von Produkten und Dienstleistungen auswirkte.

Die neue Corona-Variante „Omnicron“ hat auch die Lieferketten gestört, indem sie den Arbeitskräftemangel aufgrund von Fehlzeiten verschärft hat.

Unternehmen schwenken um, bleiben aber besorgt

Probleme in der Lieferkette wirken sich auf die Unternehmensleistung aus.

  • Zwei von drei Unternehmern (66 %) mussten die Preise für ihre Produkte erhöhen, um die steigenden Kosten für ihre Inputs zu decken.
  • 39 Prozent der Unternehmer haben ihre Gewinnspannen verringert.
  • Fast 60 % mussten auch ihre eigenen Lieferfristen verlängern.

Diese Veränderungen hatten folgende Auswirkungen:

  • Kundenverluste
  • geringere Umsätze
  • die Unfähigkeit, mit voller Kapazität oder Effizienz zu arbeiten
  • eine negative Auswirkung auf die Kundenzufriedenheit

Schließlich sind viele Unternehmer (37 %) von einer "Just-in-Time"-Bestandsführung zu einer "Just-in-Case"-Bestandsführung übergegangen, indem sie ihren Bestand erhöht haben.

Wir stellen auch einen Rückgang des Optimismus unter den deutschen Unternehmern fest.

So glauben 29 %, dass sich die Lieferprobleme in den nächsten 12 Monaten verschärfen werden, im Oktober letzten Jahres waren es nur 13 %. Ein größerer Prozentsatz, wenn auch leicht rückläufig (40 % gegenüber 42 % im November), ist jedoch immer noch zuversichtlich, dass sich die Situation verbessern wird.

Wie wirkt sich der Krieg in der Ukraine auf die Lieferketten aus?

Die Invasion in der Ukraine und die Sanktionen zahlreicher Länder gegen Russland tragen zweifellos am meisten zur Verschlechterung der Lieferaussichten für KMU bei.

Tatsächlich gibt ein Drittel (36 %) der Unternehmer an, durch diese Kriegseinflüsse beeinträchtigt zu sein. 61 Prozent spürten die Auswirkungen des Konflikts nicht, während 3 % davon profitieren konnten.

Kostensteigerungen - die bereits vor dem Krieg vorhanden waren, aber durch den Krieg noch verschärft wurden - wie z. B. die Energiepreise, haben sich auf noch mehr Unternehmen im ganzen Land ausgewirkt.

  • Mehr als die Hälfte (54 %) gibt an, dass sie die Preise für ihre Produkte oder Dienstleistungen nach oben anpassen mussten.
  • Fast die Hälfte (49 %) hat mit einem Anstieg ihrer Materialkosten zu kämpfen.

Es überrascht nicht, dass 84 % der Unternehmen, die in der Ukraine einkaufen, und 64 % der Unternehmen, die in Russland einkaufen, die Auswirkungen dieses verheerenden Konflikts zu spüren bekommen.2 Wir stellen außerdem fest, dass Unternehmen mit 50 oder mehr Beschäftigten, solche mit einer größeren internationalen Präsenz und solche, die im verarbeitenden Gewerbe tätig sind, von diesem Krieg besonders betroffen sind.

Während die Mehrheit der Unternehmer angibt, dass sie vom Krieg in der Ukraine nicht betroffen sind, blicken die Unternehmen besorgt in die Zukunft. Wenn der Konflikt anhält, sagen die Unternehmer:

  • die Kosten für ihre Produkte oder Dienstleistungen werden weiter steigen (69 %)
  • ihre Materialkosten werden weiter steigen (66 %)

Je größer die internationalen Aktivitäten eines Unternehmens sind, desto größer sind ihre Bedenken.

Wesentliche Strategien zur Abschwächung von Lieferkettenunterbrechungen

Auch wenn es schwierig ist, Probleme in der Lieferkette und die daraus resultierende Inflation vollständig zu vermeiden haben Unternehmer einige Möglichkeiten die Auswirkungen zu mildern.

1. Lagerbestand erhöhen

Zunächst haben viele Unternehmen die Entscheidung getroffen, die Lagerbestände der wichtigsten und rentabelsten Artikel zu erhöhen, um sich vor einem Engpass zu schützen und den Bedarf ihrer Kunden zu decken.

Zu diesem Zweck müssen die Unternehmen mehr in den Bestand und die Lagerflächen investieren. Diese Flächen müssen durch den Einsatz von Robotern und digitalen Werkzeugen optimal verwaltet werden, vor allem um den Bedarf an Arbeitskräften zu verringern und sicherzustellen, dass die Bestände gut nachverfolgt werden können.

2. Diversifizieren Sie Ihre Lieferanten

Größere Widerstandsfähigkeit erfordert auch Diversifizierung. Wir empfehlen, ständig nach potenziellen Zulieferern in Deutschland oder im europäischen Ausland Ausschau zu halten.

Wenn Sie sich für die Rückverlagerung von Produktionsstätten aus Schwellenländern entscheiden, müssen Sie äußerst effizient sein und in die Automatisierung von Produktions- und Arbeitsprozessen investieren, um die im Allgemeinen höheren Lohnkosten auszugleichen. In den Fällen, in denen sich Importe nicht vermeiden lassen, sollte darauf geachtet werden, dass der Platz in den Containern optimal genutzt wird, um die Transportkosten zu senken.

3. Investieren Sie in die Digitalisierung

Sie sollten nicht zögern in digitale Tools zu investieren, die Ihnen helfen die Kontrolle über Ihre Lieferkette zu behalten und effektiv zu planen.

Für KMU gibt es Software für das Lieferkettenmanagement, die ihnen hilft, den Bestand zu verfolgen, Sendungen zu verwalten und den Überblick über die am schnellsten umlaufenden Artikel zu behalten.

4. Kommunizieren Sie mit Ihren Lieferanten und Kunden

Seien Sie gegenüber Ihren Kunden transparent, was die Lieferzeiten angeht. Erklären Sie, dass sich Bestellungen aufgrund von Umständen, auf die Sie keinen Einfluss haben, verzögern können.

Wenn Sie Probleme mit bestimmten Produkten haben, informieren Sie Ihre Kunden, bevor sie ihre Bestellung aufgeben. Viele Kunden sind sich der aktuellen Lieferprobleme bewusst. Es kommt darauf an, sie nicht zu überraschen und ihre Erwartungen zu steuern.

Bleiben Sie außerdem in engem Kontakt mit Ihren Lieferanten, um deren Lieferzeiten zu kennen und Ihre Kunden informieren zu können, sobald sich eine Verzögerung abzeichnet.

Lieferkettenunterbrechungen können andauern

Es gibt keine Patentlösung für diese Herausforderungen. Der Druck auf die Lieferketten wird das ganze Jahr über akut und die Preise hoch bleiben. Wichtig ist, dass Sie alle Ihnen zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um die Auswirkungen zu mildern.

Wenn Verzögerungen und Unterbrechungen der Lieferkette Ihr Unternehmen beeinträchtigen sollten Sie frühzeitig mit Ihrer Hausbank sprechen. Hier sollten Sie einen ausreichenden Kreditrahmen vorhalten, um Ihren Cashflow aufrechtzuerhalten und finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.