Wir haben in letzter Zeit viele Fragen dazu erhalten, wie die Transaktionsstrukturen nach der Corona-Krise aussehen. In unseren Gesprächen weisen wir immer darauf hin, dass die Transaktionsstruktur wichtiger ist als der Preis. Aus der Praxis stellen wir zwei aktuelle Kaufpreisangebote für dasselbe Unternehmen aus diesem Sommer dar. Behalten Sie unseren Hinweis im Hinterkopf und schauen Sie sich die Praxisfälle einmal genau an.
Fallstudie Nr. 1: Transaktionsstruktur gegenüber Kaufpreis
Das erste Angebot von einem Unternehmen (Wettbewerber), das unser Mandant für den logischen Käufer hielt, war "stark strukturiert", d. h. es enthielt eine Reihe von aufgeschobene Kaufpreis-Komponenten. Das zweite Angebot kam von einer uns gut bekannten Beteiligungsgesellschaft (Private Equity), die unserem Mandanten nicht bekannt war. Die Bewertung des Unternehmens lag bei etwa 13 Mio. Euro, so dass der Verkäufer mit den Ergebnissen unseres umfassenden Käufer-Suchprozesses, den wir mit ihm durchführten, zufrieden war. Er hatte aber euch einige Angebote von Käufern, die weniger als 10 Mio. Euro boten.
Es gab also auch noch andere Angebote, aber wir sprachen später mit den beiden Besten. Der Kaufpreis des ersten Angebots lag mit 22 Mio. Euro gut in Führung. Aber der Großteil der Zahlung lag in der Zukunft. Es gab eine Anzahlung von 7 Mio. Euro und zwei weitere Zahlungen von je 5 Mio. Euro am Ende des ersten und des zweiten Jahres. Die ersten 7 Mio. Euro waren garantiert. Es handelt sich um eine Barzahlung. Die zweite Zahlung in Höhe von 5 Mio. Euro war nicht garantiert und setzt voraus, dass das Unternehmen gewisse Ertragszahlen erfüllt und das Geschäft nicht drastisch einbricht.
Eine zusätzliche Komponente war ein vierjähriger Bonus von 2 Mio. Euro auf der Grundlage vereinbarter hoher Ziele, der an einen verlängerten Arbeitsvertrag von vier Jahren mit einem fünfjährigen Wettbewerbsverbot gebunden ist. Es gab keine Bestimmungen für die weiteren Mitarbeiter.
Das zweite Angebot beläuft sich auf nur 17 Mio. Euro, aber es ist ein reines Barangebot mit einer 10 %igen Treuhandvereinbarung für ein Jahr, was bedeutet, dass der Eigentümer bei Abschluss 15,5 Mio. Euro erhält und die restlichen 1,5 Mio. Euro innerhalb eines Jahres, wenn die Treuhandbedingungen erfüllt werden. Und das ist in der Regel der Fall. Der Arbeitsvertrag hat eine Laufzeit von zwei Jahren und enthält ein Wettbewerbsverbot sowie eine hohe Abfindung für alle entlassenen Mitarbeiter.
Welches Angebot würden Sie also annehmen?
Es ist noch nicht lange her, da hätten Sie sich das höhere Angebot genau angesehen, weil Sie glaubten, dass die Ertragszahlen und die Abfindungsprämie durchaus machbar sind. Aber in dem heutigen, viel riskanteren Umfeld ist eine Rezession sehr gewiss. Im schlimmsten Fall erhalten Sie vielleicht nur 12 Mio. Euro für Ihr Unternehmen. Außerdem würden die meisten Leute zu der sicheren Sache tendieren - dem 17-Millionen-Euro-Angebot. Es ist eine bessere Struktur für das heutige Umfeld mit einer kürzeren Verweildauer im Unternehmen und guten Konditionen für die Mitarbeiter.
Es hat viel Arbeit gekostet, um an diesen Punkt zu gelangen und es gab weniger gute Bieter, die ausgestiegen sind. Es ist Zeit für eine Entscheidung. Zu diesem Zeitpunkt wäre es eine schnelle Entscheidung, wenn der erste Käufer das 22-Millionen-Euro-Angebot in Bargeld umwandelt würde, mit kürzeren Arbeitsverträgen und einem gewissen Schutz für die Mitarbeiter. Die Komponenten der Struktur haben sich im Laufe der Jahre nicht geändert. Sie können erwarten, dass Sie mehr vom Käufer bekommen, wenn Sie bereit sind, das Risiko zu teilen. Mit anderen Worten: Ein Käufer kann es sich leisten, Ihnen den höchsten Preis zu zahlen, wenn die Transaktion ausschließlich aus einer Gewinnbeteiligung besteht, d. h. eine Zahlung in der Zukunft, die auf dem Erreichen bestimmter vereinbarter Ziele beruht. Wenn Sie nur Bargeld wollen, wird der Preis natürlich niedriger sein.
Als Corona aufkam, wusste niemand welche Auswirkungen das haben würde. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir viele Transaktionen in laufenden Projekten. Viele Angebote erfolgten in bar.
Fallstudie Nr. 2: Transaktionsverschiebungen vor und nach Corona
Hier ist ein extremes Beispiel, um Ihnen zu zeigen, wie sich eine Transaktion vor und nach Corona innerhalb weniger Monate verändert hat.
Im Januar 2020 hatten wir für einen Mandanten aus dem Software-Bereich ein Angebot eines strategischen Käufers in Höhe von 11 Mio. Euro bei Abschluss und 3 Mio. Euro als Earnout über drei Jahre, also 14 Mio. Euro. Das war sehr gut, da es sich um ein kleines Unternehmen handelte.
Im März, als sich die Auswirkungen von Corona abzuzeichnen begannen, zog der Käufer das Angebot zurück, weil er dachte, der Verkäufer sei in Panik geraten. Er änderte die Transaktionsparameter. Das neue Angebot lautete: Null Bargeld bei Abschluss und 16 Mio. Euro über drei Jahre, gebunden an das EBITDA. In dieser Situation waren wir besorgt, ob unser Mandant die volle Kaufpreiskomponenten erhalten würde. Wir rieten dem Mandanten, das Angebot abzulehnen, was er auch tat. Wir haben im Anschluss einen besseren Käufer gefunden.
Seit der ersten und zweiten Corona-Welle haben sich die Dinge mittlerweile normalisiert, insbesondere nachdem sich der Aktienmarkt erholt hat. Außerdem ist die Nachfrage von Käufern immer noch sehr groß, da eine enorme Menge an Kapital zur Verfügung steht. Beteiligungsgesellschaften sitzen immer noch auf sehr viel Kapital. Tatsächlich gibt es Beteiligungsgesellschaften, die einige sehr große neue Fonds auflegen. Strategische Käufer haben ebenfalls viel Geld zur Verfügung und können aus dem Eigenkapital investieren.
Wir sprechen regelmäßig mit allen relevanten Käufern, die nach wie vor die strategische Notwendigkeit von Zukäufen sehen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Fallstudie Nr. 3: Veränderungen der Variabilität - Kaufpreis und Transaktionsstruktur
Sehen wir uns ein Beispiel dafür an, wie sich die Dinge sowohl beim Kaufpreis als auch bei der Transaktionsstruktur verändert haben. Bei diesem Beispiel handelt es sich um ein internationales Unternehmen im Bereich Cybersecurity mit einem Umsatz von knapp 8 Mio. Euro. Es gab drei ernsthafte Käufer, auf die wir uns konzentrierten. Der erste Bieter war ein strategisches Technologieunternehmen. Der zweite Bieter war eine große Beteiligungsgesellschaft in Europa, die auf einen Zukauf für ein Portfoliounternehmen drängte. Der dritte Bieter war eine kleinere Beteiligungsgesellschaft, die eine Plattform aufbauen wollte und daher bereit war, mehr zu zahlen. Letztendlich wurde dieses dritte Unternehmen zum Höchstbietenden. Und so geschah es.
In der ersten Angebotsrunde bot der strategische Bieter 32 Mio. Euro in bar im Voraus. Die größere Beteiligungsgesellschaft bot 48 Mio. Euro, jedoch zur Hälfte in bar und zur Hälfte in Form eines Earnouts gekoppelt am Ergebnis der nächsten drei Jahre. Der dritte Bieter, die kleinere Beteiligungsgesellschaft, machte ein erstes Angebot im mittleren Bereich. Wir gingen zu allen zurück und verlangten mehr. In der zweiten Runde stieg der erste Käufer, die strategische Firma, aus. Wir brachten den zweiten Bieter dazu, ein Angebot in Höhe von 55 Mio. Euro zu unterbreiten, das zur Hälfte aus Barmitteln und zur Hälfte aus einem Earnout bestand. Der dritte Bieter, die kleinere Beteiligungsgesellschaft, unterbreitete ein schriftliches Angebot für fast dasselbe: 50 Mio. Euro in Bar und zusätzlich einen noch zu definierenden Earnout.
Wir kehrten zurück und der dritte Bieter, die kleinere Beteiligungsgesellschaft, kam mit einem Angebot von 58 Mio. Euro zurück, mit Bargeld und Earnout als Teil der Struktur. Der zweite Bieter, die große Beteiligungsgesellschaft, konnte da nicht mithalten. Also unterzeichnete unser Mandant die Absichtserklärung mit dem dritten Bieter.
Und was bedeutet das für uns?
Die Käufer sind aktiv und wir haben eine Rekordzahl von Unternehmen in Kaufvertragsverhandlungen. Gerade Unternehmen aus der Technologiebranchen sind nach wie vor die wichtigsten Märkte. Beteiligungsgesellschaften brauchen interessante Zukäufe wie nie zuvor. Niemand weiß, wie tief oder breit die Rezession sein wird, wie die Bewertungen aussehen werden. Das Angebot an Transaktionen ist viel breiter, sowohl was den Kaufpreis als auch die Variabilität der Transaktionsstruktur betrifft.
Mehr denn je müssen Sie einen breiten Prozess der Partnersuche durchlaufen, um Käuferspannung zu erzeugen, um die echten Bieter zu erreichen und ein Auktionsumfeld zu schaffen, das Ihnen ein optimales Ergebnis beschert.
Denken Sie immer daran: Sie haben den Aufbau Ihres Unternehmens nicht dem Zufall überlassen. Dafür waren Konzentration und harte Arbeit erforderlich. Das Gleiche gilt für den Verkauf Ihres Unternehmens. Schließlich handelt es sich um die wichtigste Transaktion Ihres Lebens. Übernehmen Sie die Kontrolle über den Prozess, so dass Sie mehrere Optionen haben und nicht der Gnade eines einzigen Bieters ausgeliefert sind.
Und schließlich: Verpassen Sie nicht das Zeitfenster. Die Käufer wollen gesunde Unternehmen. Lassen Sie Ihr Unternehmen nicht schlechte Zahlen produzieren; es wird schwierig sein, es zu einem guten Kaufpreis zu verkaufen, geschweige denn zu einer angemessenen Transaktionsstruktur.

